Suchtproblematik bei Angehörigen – Tipps für ein gelingendes Gespräch

Der Umgang mit einem Angehörigen, der ein Suchtproblem hat, kann emotional belastend und herausfordernd sein. Ein Gespräch über Sucht erfordert nicht nur Sensibilität, sondern auch Geduld und Einfühlungsvermögen. Oft sind sich Betroffene ihres Problems nicht bewusst oder verharmlosen es. Dennoch kann ein Gespräch helfen, dass sie ihr Verhalten reflektieren und möglicherweise Unterstützung in Anspruch nehmen.

Geduld und Realismus gefragt

Ein Gespräch über Sucht ist oft nicht mit einem Mal erledigt. Viele Betroffene brauchen Zeit, um sich das Problem einzugestehen und tatsächlich etwas ändern zu wollen. Es ist wichtig zu verstehen, dass Einsicht nicht erzwungen werden kann – sie muss vom Betroffenen selbst kommen. Als Angehörige:r können Sie jedoch den Anstoß geben und Unterstützung anbieten.

Tipp: Seien Sie realistisch in Ihren Erwartungen. Ein einziges Gespräch wird selten zu einer dauerhaften Verhaltensänderung führen.

Herausforderung Abwehrhaltung in Gesprächen

Es ist keine Seltenheit, dass Betroffene mit Abwehr, Ärger oder Verharmlosung reagieren. Oft fühlen sie Betroffene in ihrer Freiheit eingeschränkt oder haben Angst, das zu verlieren, was ihnen derzeit Halt gibt – das Suchtmittel. In solchen Momenten ist es wichtig, sich nicht verunsichern zu lassen und der eigenen Wahrnehmung zu vertrauen.

Tipp: Bleiben Sie ruhig, selbst wenn der oder die Betroffene emotional reagiert, und erkennen Sie die Reaktion als normalen Bestandteil der Problematik an.

Auch untenstehende Tipps können helfen, eine solche Abwehrreaktion zu vermeiden.

So können Sie sich auf das Gespräch vorbereiten

Die richtige Herangehensweise ist entscheidend, damit das Gespräch nicht in die falsche Richtung läuft. Folgende Punkte können Ihnen helfen:

  1. Überlegen Sie, was Sie sagen möchten: Welche Themen sind wichtig? Wie können Sie diese verständlich und ohne Vorwürfe ansprechen?
  2. Antizipieren Sie mögliche Reaktionen: Denken Sie darüber nach, wie der Betroffene auf bestimmte Aussagen reagieren könnte, und bereiten Sie Antworten vor.
  3. Wählen Sie den richtigen Zeitpunkt: Achten Sie darauf, dass die betroffene Person nüchtern ist und eine entspannte Atmosphäre herrscht.
  4. Bleiben Sie offen, auch wenn das Gespräch anders verläuft als geplant.

Gesprächstipps

Ich-Botschaften verwenden

Drücken Sie Ihre Gefühle und Beobachtungen aus, ohne Vorwürfe zu machen. Das schafft Verständnis und vermeidet Abwehrhaltungen.

Beispiel: „Ich mache mir Sorgen, wie viel du in letzter Zeit trinkst.“

Zum Reden ermutigen

Stellen Sie offene Fragen. Das sind Fragen, die nicht einfach mit „Ja“ oder „Nein“ beantwortet werden können. Offene Fragen laden die betroffene Person dazu ein, über seine Sichtweise zu sprechen. Das zeigt Interesse und öffnet den Raum für ehrliche Kommunikation.

Beispiele:
„Wie geht es dir damit?“
„Was denkst du über deinen aktuellen Umgang mit Alkohol?“
„Was gefällt dir am Kiffen?“

Aktives Zuhören

Versuchen Sie, die Perspektive Ihres Angehörigen zu verstehen, und zeigen Sie Empathie. Wiederholen Sie, was Sie gehört haben, um sicherzustellen, dass Sie die Aussagen richtig aufgefasst und verstanden haben. Das beugt Missverständnisse vor und gibt dem Betroffenen gleichzeitig das Gefühl verstanden zu werden.

Beispiel:
„Ich kann mir vorstellen, dass es schwierig für dich ist, dich wieder für andere Dinge zu begeistern“
„Ich höre raus, dass (…)“

Positiv bleiben

Formulieren Sie Ihre Wünsche klar und konstruktiv, statt Vorwürfe zu machen. Vermeiden Sie Formulierungen, die ausschließlich Kritik oder Negatives betonen.

Besser: „Ich verbringe so gerne Zeit mit dir. Ich würde mir wünschen, dass wir mehr gemeinsam unternehmen, ohne dass Alkohol im Spiel ist.“

Schuldzuweisungen vermeiden

Vorwürfe wie „Du ruinierst dein Leben!“ führen oft nur zu Abwehrhaltung und Konflikten. Bleiben Sie stattdessen sachlich.

Belehrenden Ratschläge vermeiden

Gut gemeinte Ratschläge können schnell als bevormundend wahrgenommen werden. Besser ist es, gemeinsam nach Lösungen zu suchen.

Besser: „Wie können wir das zusammen angehen?“.

Unterbrechungen vermeiden

Lassen Sie die andere Person ausreden, und zeigen Sie, dass Sie ehrlich an seiner oder ihrer Sicht der Dinge interessiert sind.

Persönliche Kritik vermeiden

Kritisieren Sie nicht die Person selbst, sondern beziehen Sie sich auf das (Konsum-) Verhalten. Das hilft, das Gespräch auf einer sachlichen Ebene zu halten.

Besser: „Ich habe den Eindruck, dass dein Konsum zu Problemen führt.“

Hilfe für Angehörige

Gleichzeitig sollten Sie auch auf Ihre eigene Gesundheit achten. Der Umgang mit einer suchterkrankten Person kann emotional belastend sein. Suchen Sie sich bei Bedarf Unterstützung.
Kostenlose, professionelle und anonyme Hilfe finden Sie zum Beispiel auf DigiSucht. Hier können Sie sich einfach registrieren. Dort stehen erfahrene Suchtberater:innen zur Seite, um Gespräche zu reflektieren oder konkrete Strategien für den Umgang mit Betroffenen zu entwickeln.
Weitere Tipps zum Umgang mit Betroffenen finden Sie hier.

Quellen und weitere Informationen: